Der Weg der Nahrung im Baum
Bäume sind faszinierende Lebewesen, die nicht nur für das Ökosystem eine bedeutende Rolle spielen, sondern auch durch ihre komplexen inneren Prozesse überzeugen. Einer der wichtigsten Vorgänge in einem Baum ist der Weg der Nahrung, bei dem Wasser, Nährstoffe und Zucker durch verschiedene Gewebeschichten transportiert werden. Dieses System sorgt dafür, dass der Baum wachsen, Blätter bilden und seine Lebensfunktionen aufrechterhalten kann.
1 ha Buchenwald (ca. 400 Bäume) verdunstet in einer Wachstumsperiode (Frühjahr bis Herbst) etwa 3600 m3 Wasser. Diese Menge saugen die Wurzeln zur gleichen Zeit aus den Boden. Das Wasser gelangt durch die Außenschichten des Stammes über Äste und Zweige zu den Blättern, die durch kleine Spalten an ihrer Unterseite Kohlendioxid aufnehmen. Da viel Wasser verdunstet ist eine dauernde Sogwirkung in den Leitzellen im Splintholz (Kapillare) vorhanden.
1. Aufnahme von Wasser und Nährstoffen
Der Prozess beginnt in den Wurzeln des Baumes. Die feinen Wurzelhaare nehmen Wasser und darin gelöste Mineralstoffe aus dem Boden auf. Dieser Vorgang wird durch den sogenannten Osmoseprozess ermöglicht, bei dem Wasser aus einem Bereich mit niedriger Salzkonzentration in einen Bereich mit höherer Salzkonzentration übertritt.
2. Transport im Xylem
Das aufgenommene Wasser mit den darin enthaltenen Nährstoffen wird über das Xylem (auch Wasserleitungsbahnen genannt) vom Wurzelsystem bis in die Baumkrone transportiert. Der Transport erfolgt durch den sogenannten Transpirationssog. Dabei verdunstet Wasser über die Blätter, wodurch ein Unterdruck entsteht, der weiteres Wasser aus den Wurzeln nach oben zieht. Dabei spielen auch die Kohäsion und Adhäsion des Wassers eine entscheidende Rolle: Die Kohäsion sorgt dafür, dass die Wassermoleküle aneinander haften und so eine durchgehende Wassersäule im Xylem bilden, während die Adhäsion das Wasser an den Zellwänden hält und den Transport unterstützt.
3. Photosynthese in den Blättern
In den Blättern des Baumes findet die Photosynthese statt – ein Prozess, bei dem Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid in Glukose (Traubenzucker) und Sauerstoff umgewandelt werden. Die Glukose dient als Energiequelle und Baustoff für den gesamten Baum.
4. Transport im Phloem
Der produzierte Zucker wird über das Phloem (auch Siebröhren genannt) in alle Teile des Baumes transportiert. Dieser sogenannte Assimilatstrom erfolgt von den Blättern in Richtung Wurzeln, Zweige, Knospen und Früchte. Ein typisches Beispiel für diesen Prozess ist die Buche, die während der Vegetationsperiode große Mengen an Zucker produziert und in ihren Wurzeln speichert, um im Frühjahr neues Wachstum zu ermöglichen. Der Transport geschieht durch einen Druckunterschied, der durch die hohe Zuckerkonzentration in den Blättern erzeugt wird.
5. Speicherung und Verwendung
Ein Teil des Zuckers wird sofort für das Wachstum und die Energieversorgung des Baumes verwendet, während der restliche Teil in Form von Stärke in den Wurzeln, im Stamm oder in den Samen gespeichert wird. In Zeiten mit wenig Licht, wie im Winter, greift der Baum auf diese Reserven zurück.
6. Schutz durch die Rinde
Die äußere Rinde schützt die empfindlichen Leitungsbahnen vor äußeren Einflüssen wie Schädlingen oder Witterung. Gleichzeitig ermöglicht sie den Gasaustausch über spezielle Poren, die sogenannten Lentizellen.
Wachstum des Baumes
Das Wachstum des Baumes lässt sich in zwei wesentliche Arten unterteilen:
Dickenwachstum und Längenwachstum.
Dickenwachstum
Das Dickenwachstum, auch sekundäres Wachstum genannt, erfolgt durch die Tätigkeit des Kambiums – einer dünnen Zellschicht zwischen Rinde und Holz. Das Kambium bildet nach innen Holzzellen und nach außen Rindenzellen. Dadurch wächst der Baumstamm im Umfang. Dieses Wachstum ist besonders bei Bäumen in gemäßigten Klimazonen durch die Jahresringe sichtbar. Diese entstehen durch den Wechsel der Wachstumsbedingungen im Jahresverlauf.
Während der warmen Jahreszeit bildet der Baum große, dünnwandige Zellen, die als Frühholz bezeichnet werden. In der kalten Jahreszeit hingegen entstehen kleinere, dickwandige Zellen, das sogenannte Spätholz. Die unterschiedliche Zellstruktur sorgt für die sichtbaren Jahresringe. Anhand der Breite dieser Ringe lassen sich Rückschlüsse auf das Klima ziehen – breite Ringe deuten auf günstige Wachstumsbedingungen hin, während schmale Ringe auf Trockenheit oder Nährstoffmangel hinweisen
Längenwachstum
Das Längenwachstum, auch primäres Wachstum genannt, findet in den Triebspitzen der Äste und in den Wurzeln statt. Hier befinden sich die sogenannten Meristeme – Zellgewebe, die für das Wachstum verantwortlich sind. Die jungen Zellen teilen sich, strecken sich und differenzieren sich zu den verschiedenen Geweben des Baumes.
Atmung des Baumes: Assimilation und Dissimilation
Neben der Photosynthese ist die Atmung ein wichtiger Prozess für den Baum. Dabei unterscheidet man zwischen Assimilation und Dissimilation.
Assimilation
Die Assimilation beschreibt den Aufbau von energiereichen organischen Stoffen aus energiearmen anorganischen Stoffen. Die bekannteste Form ist die Photosynthese, bei der aus Wasser, Kohlendioxid und Sonnenlicht Glukose und Sauerstoff entstehen. Dieser Prozess findet vor allem tagsüber in den Chloroplasten der Blätter statt, wobei das grüne Pigment Chlorophyll eine zentrale Rolle spielt. Die so produzierte Glukose wird entweder direkt als Energiequelle genutzt oder in Stärke umgewandelt und gespeichert.
Dissimilation
Die Dissimilation bezeichnet den Abbau von energiereichen organischen Stoffen zur Energiegewinnung. Dabei wird Glukose in den Zellen mit Hilfe von Sauerstoff in einem mehrstufigen Prozess abgebaut, wobei Kohlendioxid, Wasser und Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) entsteht. Diese Zellatmung findet sowohl tagsüber als auch nachts in allen lebenden Zellen des Baumes statt. In sauerstoffarmen Bedingungen kann auch eine anaerobe Dissimilation erfolgen, die jedoch weniger effizient ist und Nebenprodukte wie Ethanol oder Milchsäure erzeugt.
Bedeutung der Atmung für den Baum:
Energiegewinnung für Wachstum und Stoffwechselprozesse
Versorgung von Zellen mit Energie
Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen
Zellarten in den Bäumen: Laubbaumzellen und Nadelbaumzellen
Bäume bestehen aus verschiedenen Zellarten, die sich je nach Baumart unterscheiden und durch Zellteilung kontinuierlich erneuert werden.
Nadelbaumzellen
Nadelbäume besitzen hauptsächlich Tracheiden, Siebzellen und Parenchymzellen, die sowohl den Wassertransport als auch die Stabilität übernehmen. Die Zellstruktur ist einfacher als bei Laubbäumen.
Merkmale:
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Einheitliche Zellgröße
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Tracheiden mit doppelter Funktion
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Harzkanäle zur Wundheilung und Abwehr von Schädlingen
Laubbaumzellen
Laubbäume besitzen ein komplexes Zellgewebe, das aus Sklerechymzellen, Tracheen, Siebröhren und Parenchymzellen besteht. Die Tracheen sind röhrenförmige Gefäße, die für den Wassertransport zuständig sind, während die Holzfasern zur Stabilität beitragen.
Merkmale:
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Große Tracheen für schnellen Wassertransport
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Hoher Anteil an Holzfasern
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Unterschiedliche Zellgrößen
Fazit
Der Weg der Nahrung im Baum ist ein ausgeklügeltes System, das auf der Zusammenarbeit verschiedener Gewebe und physikalischer Prozesse beruht. Dieses System versorgt den Baum nicht nur mit lebenswichtigen Nährstoffen, sondern trägt auch zur Stabilität des gesamten Ökosystems bei. Das Dicken- und Längenwachstum zeigt, wie flexibel und anpassungsfähig Bäume auf ihre Umwelt reagieren.
Die Assimilation und Dissimilation sind essenzielle Prozesse, die das Überleben des Baumes ermöglichen. Die verschiedenen Zellarten tragen dabei zur Funktionsweise und Stabilität des Baumes bei. Während Laubbäume durch ihre großen Tracheen einen schnellen Wassertransport ermöglichen, zeichnen sich Nadelbäume durch ihre einheitlichen Tracheiden aus, die sowohl Wasser leiten als auch mechanische Stabilität bieten. Dadurch sind Nadelbäume oft elastischer, während Laubbäume eine höhere Druckfestigkeit aufweisen. Das Verständnis dieser Prozesse ist nicht nur für die Wissenschaft von Bedeutung, sondern auch für das Tischlerhandwerk, wenn es um die Auswahl, Bearbeitung und Pflege von Holz geht.