Der Baum und seine Teile
In der botanischen Betrachtung ist ein Baum ein mehrjähriges, holziges Gewächs mit einem einzelnen, festen Stamm und einer ausladenden Krone. Doch in der traditionellen Sichtweise ist er auch ein lebendiger Zeuge der Zeit, der Geschichten vergangener Generationen in sich trägt und die Weisheit der Natur verkörpert – ein Erbe, das uns immer wieder an die einfachen und beständigen Wahrheiten des Lebens erinnert.
Die Wurzeln
Die Wurzeln sind das Fundament des Baumes. Sie verankern ihn fest im Erdreich und versorgen ihn mit Wasser und Nährstoffen. Seit jeher wurden sie als Symbol für den Ursprung und die tiefen Wurzeln unserer Traditionen geschätzt.
Der Stamm
Der Stamm bildet das tragende Gerüst des Baumes. Er leitet das lebenswichtige Wasser und die Nährstoffe von den Wurzeln in die Krone und erzählt in seinen Jahresringen die Geschichte des Lebens. Schon die alten Handwerker bewunderten die Stabilität und Schönheit des verholzenden Stammes.
Die Krone
Die Krone ist der oberste, oft prachtvoll verzweigte Teil eines Baumes – sie besteht aus den Ästen, Zweigen und den Blättern oder Nadeln. Sie fängt das Sonnenlicht ein, das in den grünen Blättern zur Energiegewinnung umgewandelt wird, und stellt damit den lebenswichtigen Ort der Photosynthese dar.
Traditionell betrachtet galt die Baumkrone als das Symbol des Himmels und der Lebensenergie. Sie bietet zahlreichen Tieren Schutz und Lebensraum und ist seit jeher ein Sinnbild für Erhabenheit und Verbindung zwischen Himmel und Erde.
Äste und Zweige
Vom Stamm aus breiten sich die Äste und Zweige aus, die den Baum in die Höhe und in die Weite wachsen lassen. Sie tragen die Blätter, Blüten und – bei vielen Baumarten – auch Früchte. Diese verzweigten Strukturen symbolisieren in alten Überlieferungen den Lebensweg mit all seinen Verzweigungen.
Blätter
Die Blätter sind die grünen Kraftwerke des Baumes. Durch die in ihnen ablaufende Fotosynthese wird das Sonnenlicht in Energie umgewandelt, die dem Baum und all seinen Bewohnern zugutekommt. Schon in längst vergangenen Zeiten galten die Blätter als lebensspendende Gaben der Natur.
Blüten und Früchte
Viele Bäume tragen zudem Blüten, die sich zu Früchten entwickeln. Diese sind das Symbol für Fruchtbarkeit und den Kreislauf des Lebens, der stets von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Die Schaftformen von Bäumen
Im traditionellen Handwerk und der Forstwirtschaft wird der Stamm eines Baumes in verschiedene Schaftformen unterteilt, je nachdem, wie er in der Natur wächst und sich entwickelt. Diese Formen sind oft wichtig für die Holzernte und die Verwendung des Holzes. Die wichtigsten Schaftformen des Baumstammes sind:
Wipfelschäftiger Baum
Ein Baum wird als wipfelschäftig bezeichnet, wenn sein Stamm ununterbrochen bis in den oberen Wipfel – also in den zentralen Teil der Krone – fortgeführt wird. Das bedeutet, dass die Apikaldominanz klar ausgeprägt ist, so wie man es häufig bei Nadelbäumen (z. B. Fichten oder Kiefern) beobachtet.
Bestand- und Freistandbäume
Bestandsbäume und Freistandbäume unterscheiden sich vor allem in den Wachstumsbedingungen, unter denen sie heranwachsen. Diese Bedingungen beeinflussen die Entwicklung von Stamm und Krone deutlich.
Bestandsbäume
Wachstumsbedingungen:
Bestandsbäume wachsen in einem geschlossenen Bestand (Wald, Forst oder dichter Baumbestand). Sie sind von anderen Bäumen umgeben und konkurrieren um Licht, Wasser und Nährstoffe.Auswirkungen auf den Stamm:
Um das verfügbare Licht zu erreichen, strecken sich Bestandsbäume rasch in die Höhe. Ihr Stamm ist in der Regel lang und geradschaftig, da sie „nach oben flüchten“, bevor sich seitliche Äste stark ausbilden können.Auswirkungen auf die Krone:
Da seitlich meist wenig Licht eindringt, entwickelt sich eine vergleichsweise kleine, schlanke Krone, oft nur im oberen Bereich (Wipfel). Man spricht manchmal von einer „schmalen, hoch angesetzten Krone“, da die Äste weiter unten durch Lichtmangel absterben oder gar nicht erst kräftig ausgebildet werden.
Freistandbäume
Wachstumsbedingungen:
Freistandbäume wachsen frei und ohne unmittelbare Konkurrenz in ihrer Umgebung (z. B. auf einer Wiese, am Feldrand oder in einem Park). Ihnen steht mehr Licht von allen Seiten zur Verfügung, und auch der Platz zum Ausbreiten ist größer.Auswirkungen auf den Stamm:
Der Stamm muss sich nicht ausschließlich nach oben strecken, um ans Licht zu gelangen. Häufig bleibt er etwas kürzer und kräftiger, da die Pflanze nicht um jeden Preis in die Höhe „flüchten“ muss.Auswirkungen auf die Krone:
Freistandbäume bilden in der Regel eine breite, ausladende Krone aus. Da Licht von allen Seiten kommt, verzweigen sich die Äste gleichmäßiger. Oft entstehen die ersten Seitenäste schon in relativ geringer Höhe, und die Krone kann sich bis zum Boden hin ausdehnen. Man spricht hier oft von einer „breiten, besenkronigen“ oder „voll ausgebildeten“ Krone.
In der Forst- und Holzwirtschaft betrachtet man diese Unterschiede sehr genau. Bestandsbäume liefern oft einen längeren, astfreien Schaft (was für Bau- und Nutzholz attraktiv ist), während Freistandbäume zwar weniger astfreien Stamm liefern, dafür aber mit ihrer ausladenden Krone eine hohe ökologische Bedeutung haben und in Landschaftsbildern oft prägend sind.
Ein Traufbaum ist oft durch eine ungleichmäßig ausgebildete Krone gekennzeichnet. Diese Form entsteht durch äußere Einflüsse wie:
- Standort an Hängen Die Krone wächst stärker zur offenen Seite hin, da dort mehr Licht und Platz vorhanden sind.
- Wachstum an Gebäuden Äste auf der Gebäudeseite bleiben klein oder fehlen ganz, während die Krone zur offenen Seite ausgreift.
- Waldrandlage Äste auf der Waldrandseite sind kräftig, während die zum Waldinneren gerichtete Seite schwächer oder lichter bleibt.