Gute Fachkräfte langfristig ans eigene Unternehmen zu binden ist eine Königsdisziplin. Durch die Aufwertung der beruflichen Bildung haben handwerkliche Unternehmen dafür inzwischen deutlich mehr Handlungsspielräume.
Die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) im Jahr 2019 markiert einen Meilenstein in der Strukturierung und Aufwertung der beruflichen Bildung in Deutschland. "Mit der Einführung der neuen Fortbildungsstufen Geprüfte/r Berufsspezialist/in, Bachelor Professional und Master Professional wurde das bisherige Aufstiegsfortbildungssystem durch eine klar geregelte und staatlich anerkannte Bildungsarchitektur ersetzt", erklärt Arne Bretschneider, Abteilungsleiter Technik und Berufsbildung bei Tischler Schreiner Deutschland. Diese Reform hat weitreichende Bedeutung für Fachkräfte, Unternehmen und die deutsche Wirtschaft insgesamt. Die nunmehr geplante Ergänzung des § 23 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV) trägt dieser Entwicklung Rechnung und erweitert die Zugangsmöglichkeiten zu den gehobenen Laufbahnen des technischen Verwaltungsdienstes und des naturwissenschaftlichen Dienstes. Sie berücksichtigt Abschlüsse aus der beruflichen Fortbildung wie den Bachelor Professional und den Master Professional und ist ein weiterer Schritt zu mehr Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung.
Hintergrund und Ziel der Reform
Die Novellierung des BBiG erfolgte vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung der beruflichen Bildung für die Sicherung des Fachkräftebedarfs und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
"Die traditionelle duale Ausbildung allein konnte den steigenden Anforderungen an Fachkräftequalifikationen nicht mehr gerecht werden",
erklärt Arne Bretschneider, "deshalb sollte durch die Integration der höheren Berufsbildung eine systematische Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung geschaffen werden." Ein erfolgreicher Abschluss der dreijährigen Berufsausbildung im Tischler- und Schreinerhandwerk entspricht der Stufe vier des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR). Der DQR umfasst insgesamt acht Stufen und dient zur Einordnung von Qualifikationen im deutschen Bildungssystem. Mit ihm sollen Transparenz und Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union erhöht werden. Dementsprechend wurde auch das BBiG 2019 angepasst. Hier ist der Überblick zu den damit eingeführten neuen Fortbildungsstufen:
- Geprüfte/r Berufsspezialist/in: Diese erste Stufe der höheren Berufsbildung zielt darauf ab, Fachkräfte in individuellen Bereichen zu spezialisieren. Sie ist auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichtet und bietet eine vertiefte Qualifikation in einem bestimmten Fachgebiet. Der Abschluss entspricht der Stufe fünf nach dem deutschen Qualifikationsrahmen.
- Bachelor Professional: Diese Stufe entspricht in etwa dem Niveau eines akademischen Bachelors, jedoch mit einem starken Fokus auf die berufliche Praxis und Anwendung. Sie ermöglicht eine weiterführende Qualifikation und fördert die berufliche Mobilität und Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der Unternehmen. Sie entspricht Stufe sechs (DQR) und wird im Tischler- und Schreinerhandwerk mit der Meisterprüfung erreicht.
- Darüber liegt der Master Professional: Diese zweithöchste Stufe der höheren Berufsbildung ist unterhalb der Promotion angesiedelt und mit einem akademischen Masterabschluss vergleichbar. Sie bereitet Fachkräfte auf Führungsaufgaben und strategisches Management vor. Der Abschluss zielt darauf ab, die Kompetenz für leitende Positionen in Unternehmen zu vermitteln und entspricht Stufe sieben nach dem deutschen Qualifikationsrahmen.
Bedeutung für Fachkräfte und Betriebe
"Die Einführung der neuen Fortbildungsstufen bietet Fachkräften im Handwerk die Möglichkeit, sich kontinuierlich weiterzubilden und Karrierewege zu verfolgen, die früher nur über eine akademische Ausbildung erreichbar waren", bringt Arne Bretschneider die Vorteile auf den Punkt. Damit trage die Reform unmittelbar zur Attraktivität der handwerklichen Ausbildung bei und unterstütze Betriebe darin, ihre Fachkräfte langfristig zu binden und weiterzuentwickeln. Indem auch handwerkliche Unternehmen nun die Chance erhielten, Spezialisten und Führungskräfte gezielt zu qualifizieren, stünden die Unternehmen mittlerweile deutlich flexibler den Herausforderungen des Arbeitsmarktes gegenüber als zuvor.
Berlin, 15. Juli 2024